Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,
wir wenden uns heute als VertreterInnen von Menschen mit Behinderungen und ihren Angehörigen mit einem sehr wichtigen Anliegen an Sie.
Wir weisen höchst besorgt auf die Situation von Menschen mit Behinderungen im Falle einer eventuell eintretenden Notlage, in der in unseren Spitälern triagiert werden muss, hin:
Die Fallzahlen von Covid19-Neuerkrankungen steigen auch in der Steiermark. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen könnten auch Personen mit Behinderung so schwer erkranken, dass bei einem sehr schweren Verlauf eine lebensrettende Versorgung auf der Intensivstation unumgänglich ist. Einige werden neben der guten medizinischen Versorgung durch das Personal der KAGES auch eine besondere Unterstützung brauchen. Bisher haben wir die Erfahrung gemacht, dass Menschen mit Behinderungen gut in den Kliniken des Landes Steiermark behandelt wurden.
Wir hoffen alle, dass die derzeitigen Beschränkungen ausreichen werden, um die Lage an unseren Spitälern zu entspannen. Sollte es dennoch in der Steiermark zu der Situation kommen, dass die Ressourcen für intensivmedizinische Behandlungen so knapp werden, dass nicht mehr alle Menschen, die lebensbedrohlich krank sind, behandelt werden können – also im Falle einer Triage -, haben nun jene PatientInnen den Vorrang, die durch eine notfall- oder intensivmedizinische Behandlung die vermutlich größte Überlebenschance haben werden.
Wir zitieren hier das „Konsensuspapier der österreichischen intensivmedizinischen Fachgesellschaften (FASIM) aus Anlass der COVID-19-Pandemie“ (Seite 8):
„Gleichstellung: Manche Menschen benötigen eine spezielle Unterstützung, um ihre formale Gleichberechtigung erlangen zu können, z.B. wenn eine physische oder kognitive Einschränkung besteht. In solchen Fällen ist nicht nur ein gleicher, sondern ein bedürfnisgerechter und damit unter Umständen auch höherer Ressourceneinsatz nötig, damit diese Personen dieselbe Outcome-Chance haben wie Menschen ohne Einschränkung.“
Mit den rechtsethischen Werten und Normen jedenfalls unvereinbar wäre eine Priorisierung nach Kriterien, die nicht mit der klinischen Erfolgsaussicht kausal zusammenhängen: so etwa dem bloßen Faktum einer Behinderung oder dem Vorhandensein bestimmter Grunderkrankungen.
Gerade in Zeiten der Pandemie ist das Tragen kollektiver Verantwortung ein wesentlicher Aspekt zum Schutz besonders vulnerabler Gruppen.
Es darf also nicht zu der Situation kommen, dass Menschen mit Behinderung aufgrund ihrer Behinderung hier nachgereiht werden!
Wir bitten Sie, geschätzter Herr Landeshauptmann, dringend dafür zu sorgen und sicherzustellen, dass bei der Vorgehensweise im Falle von notwendigen Triagen die Kriterien der FASIM in Bezug auf Menschen mit Behinderungen eingehalten werden!
Hochachtungsvoll und mit den besten Wünschen für diese höchst herausfordernden Zeiten
Mag.a Dr.in Sonja Mosser Daniel Gamweger
Präsidentin Vizepräsident
UnterstützerInnen:
Ulrike Ablasser, Geschäftsführerin Lebenshilfe Leibnitz
Mag.a Monika Brandl, Geschäftsführerin LNW Lebenshilfe NetzWerk GmbH
Martin Hochegger, Präsidiumsmitglied Lebenshilfe Steiermark
Mag. Robert Lackner, Obmann Lebenshilfe Trofaiach
Armin Lorenz, Geschäftsführer Lebenshilfe Fürstenfeld
Sabine Macher, Obfrau Lebenshilfe Südoststeiermark
Mag.a Susanne Maurer-Aldrin, Geschäftsführerin Lebenshilfen Soziale Dienste
Heidrun Notbauer, Obfrau Lebenshilfe Hartberg
Sandra Rinofner, Obfrau Lebenshilfe Region Judenburg
Dr.in Tünde Schrausser-Kiss, stv. Obfrau Lebenshilfe Fürstenfeld, Präsidiumsmitglied Lebenshilfe Steiermark
Mag.a Regina Senarclens de Grancy, Generalsekretärin Lebenshilfe Steiermark
Ute Stix, Obfrau Lebenshilfe Leoben
Andrea Strimitzer, Präsidiumsmitglied Lebenshilfe Steiermark
Ursula Vennemann, Ehrenpräsidentin Lebenshilfe Steiermark